UWC Robert Bosch College Freiburg

Bevor es zur Lernreise losging, wollten wir eine besondere Schule direkt in Freiburg besuchen.  Also strampelten und stapften wir zwei Wochen vor Beginn der Lernreise, freudig-aufgeregt den Hügel zum United World Collage, kurz UWC, hinauf, wo unsere erste Hospitation stattfinden sollte. Wir trafen uns unter dem imposanten, großen Torbogen, der als Eingang zur einstigen Kartause, also einem Kloster des Karthäuser-Ordens diente. Mit dem Rücken zur denkmalgeschützten Anlage blickten wir auf den beschneiten Schwarzwald und unmittelbar vor uns auf Schafe, den Klostergarten und Jugendliche, die, ausgestattet mit Schubkarren, bereits tatkräftig und fröhlich zugange waren und mit unterschiedlichen Akzenten auf Englisch diskutierten.

Das Bild spiegelte die Grundidee des UWC Robert Bosch College wider: hier leben und lernen etwa 200 Jugendliche aus 90 Ländern zwei Jahre lang zusammen und beschäftigen sich mit zentralen Themen der Menschheit, wobei am UWC Freiburg ein Fokus auf Nachhaltigkeit gelegt wird. Der Anspruch des Konzepts ist es, die „Welt im Kleinen zu repräsentieren“ und zwar nicht nur hinsichtlich verschiedener Nationalitäten, sondern insbesondere auch sozio-ökonomisch. Das UWC ist eine Non-Profit-Organisation, das heißt die nötigen Gelder für den Schulbetrieb sowie für das Internatsleben werden eingeworben. Hierbei leisten Stiftungen, wie beispielsweise die Robert-Bosch-Stiftung, einen wesentlichen Beitrag. Deshalb wird ein Großteil der Jugendlichen voll- oder teilfinanziert, so sind auch Geflüchtete und ehemals obdachlose Jugendliche Teil der Schulgemeinschaft. Ein Viertel der Schülerschaft haben die deutsche Staatsangehörigkeit, da diese Jugendlichen gewissermaßen eine Gastgeber*in-Rolle wahrnehmen und ihren Mitschüler*innen so das Einleben in Freiburg erleichtern.  

Christian Bock, der uns als academic directorwillkommen hieß, führte uns über das „gelbe“ Treppenhaus ins ausgebaute Dachgeschoss. Im gesamten Gebäude sind die Flure und Treppenhäuser farblich gekennzeichnet, um den Jugendlichen, die erste Orientierung zu erleichtern. Das fanden auch wir als Gäste sehr praktisch! Nach dem ersten Eindruck, gab Christian uns eine kurze Übersicht über den Hintergrund der United World Colleges : wir lernten, dass das UWC Freiburg, 2014 gegründet , zu den jüngeren der UWC Schulen gehört, die  bereits seit nun 57 Jahren existieren. Das Konzept geht auf den Reformpädagogen Kurt Hahn zurück, der bereits die Schule Schloss Salem und dann das erste UWC in Wales gegründet hatte. Im Kontext der Friedensbewegung nach dem zweiten Weltkrieg war es auch Hahns Initiative und Motivation, mündige Bürger in ihrem Einsatz für eine nachhaltige Umwelt und ein friedliches Miteinander zu unterstützen.

Eine griechische Schülerin nahm sich netterweise im Anschluss die Zeit, um uns über das Gelände zu führen und geduldig unsere zahlreiche Fragen zu beantworten. Sie betonte insbesondere das starke Gemeinschaftsgefühl, worunter auch die  außergewöhnlich Schüler*in-Lehrkraft-Beziehung fällt. Die UWC Gemeinschaft bildet ihrer Aussage nach eine Art Familie und da die Lehrkräfte die SuS nicht bewerten müssen, ist die Beziehung nicht durch den Leistungsdruck geprägt, sondern basiert auf einem achtvollen und umsichtigen Umgang. Wie an jeder Schule, bringen die Jugendlichen ihre eigenen Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten mit. Am UWC können die SuS zudem noch ihr Vorwissen aus der ganzen Welt schöpfen und fördern automatisch einen globalen Austausch.

Außerdem schilderte die Schülerin uns ihren Tagesablauf und erklärte wie das Schul- und Internatsleben organisiert ist. Die SuS können am UWC ihre eigenen Schwerpunkte legen, allerdings sind die Anforderungen des IBs sehr hoch, sodass insbesondere die SuS, die vorher wenig Englisch sprachen, sehr intensiv arbeiten und lernen müssen.  Die Jugendlichen absolvieren neben den fachlichen Schwerpunkten und Anforderungen auch noch Aktivitäten aus den Bereichen „creativity, activity and society“ (kurz CAS-Programm). Konkret können die Jugendlichen in dieser Zeit verschiedene Sportarten, Workshops, und Sozialpraktika durchführen. Die Schülerin erzählte uns außerdem begeistert von ihrer selbstorganisierten Projektwoche. Ihrer Meinung nach gestaltet sich das Schul- und Internatsleben nach demokratischen Prozessen. Regelmäßig gibt es schulinterne Versammlungen, in denen die Regeln des Zusammenlebens besprochen werden. Diese werden bei der Ankunft der SuS in einer 10-tägigen Eingewöhnungsphase gemeinsam ausgehandelt. Vor allen Dingen finden die gemeinsamen Treffen jedoch statt, um sich gegenseitig beispielsweise über die unterschiedlichen Kulturen und Traditionen der jeweiligen Herkunftsländer zu informieren. 

Die unterschiedlichen Lebensgewohnheiten zeigen beispielsweise auch in den Essensgewohnheiten. Der Speiseplan der Mensa weist entsprechend nicht nur eine Salattheke und vegetarische, vegane Gerichte auf, sondern auch Speisen, die als koscher oder halal gekennzeichnet sind. Es gibt kostenlos Tee und Kaffee und die Stimmung im Speissaal ist ausgelassen, laut und scheinbar fröhlich. Die SuS laden uns an ihre Tische ein und auch die Lehrkräfte werden ganz selbstverständlich in den Gesprächsrunden willkommen geheißen. Relativ zügig strömen dann alle in den Nachmittagsunterricht, wir verteilen uns auf die verschiedenen Kurse und hospitieren in den Fächern Wirtschaft, Philosophie, Politik. Im Politikunterricht wurden einige von uns sogar eingeladen, am nächsten Tag nochmals zur Präsentation zu kommen.

Abschließend kamen wir nochmals mit Christian zu einer kurzen Reflektion zusammen und tauschten unsere Eindrücke aus. Wir hatten alle wahrgenommen, dass die meisten Jugendlichen tendenziell extrovertiert und sicherlich von dem UWC-Konzept überzeugt waren. Obwohl die Lehrkräfte nicht alle einen pädagogischen Hintergrund haben, scheinen auch sie gerne am UWC zu unterrichten. Viele von ihnen wohnen auch auf dem Campus, sodass das Thema Privatsphäre für sie sowie für die Schüler*innen vor den Bedürfnissen und den Interessen der UWC-Gemeinschaft zurückgestellt wird.  

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